Ruhe in Frieden
Grabrede von Ines Höckner

Liebe Familie, liebe Freunde, liebe Trauernde,

ich stehe hier als Enkeltochter um Abschied von unserer geliebten Oma, Mutter, Schwiegermutter, Angehörigen, Schwester und Freundin Emma Simacek zu nehmen, die am 25. 04. 2020 von uns ging. Ihr Tod kam für uns alle überraschend, auch wenn wir wussten, dass wir vorbereitet sein müssen, auch wenn wir wussten, dass der Tod sich oft nicht vorher ankündigt - bereit war ich nicht.
Schon öfter habe ich mich von ihr verabschieden müssen und auch können, doch immer blieb sie bei uns. Nur dieses Mal nicht, und dieses Mal konnte ich keinen Abschied nehmen. Das tue ich aber hiermit, heute mit euch gemeinsam – in Form einer kleinen Hommage an eine starke Frau:
Meine Oma war endlich bereit zu gehen, bereit uns loszulassen und das Leben loszulassen, doch war das etwas, was ihr nicht leicht viel, weil sie immer gekämpft hat. Das Loslassen ist kein Aufgeben, im Gegenteil - und das möchte ich dir zum Abschied noch mitgeben, liebe Oma.
Es erfordert mindestens genauso viel Stärke und Mut, Loszulassen, wie du sie dein Leben lang bewiesen hast: du hast einen der grausamsten Kriege der Menschheitsgeschichte erlebt und überlebt, dich geweigert, bei alldem mitzumachen; du hast deine eigene Mutter gepflegt und viel zu jung noch in den Tod begleitet; du hast die Sorge für ihre Kinder übernommen, als wären es deine. Und schließlich hast du eine eigene Tochter bekommen, die du über alles liebst und die du zu einem der großartigsten Menschen, die ich kenne großgezogen hast. Gemeinsam habt ihr ein Pizza-Imperium aufgebaut und eine Familie versorgt. Trotz all der Hürden und Aufgaben hast du einen Lebenslauf hingelegt, der nur beeindruckend ist; und du hast geliebt und gelebt, dabei aber immer gewusst, was du willst und was nicht.
Meine Oma war eine stolze und starke Frau, und niemand konnte ihr im Weg stehen – kein Krieg, kein Tod, kein Mann. Sie hat diejenigen verlassen, die nicht mit ihr gekämpft haben, und hat mit denen gekämpft, die mit ihr waren. Sie hat den Matrosen verlassen, der bei seiner Mutter bleiben wollte und ist stattdessen zu ihrer Mutter gegangen. Und den Jannik hat sie verlassen, der sie enttäuscht hat. Zur damaligen Zeit war das nicht selbstverständlich und ist es heute noch immer nicht: eine Frau, die sagt was sie will und weiß, dass sie alleine vll. besser dran ist als mit einem Mann, der nicht weiß, was sie braucht und ihr im Weg steht. Und als sie ein Kind bekommen hat, hat sie für dieses alles gegeben. Darum ist meine Oma für mich eine der stärksten Frauen die kenne. Diese Stärke hat sie bis zu ihrem Tod nicht verloren, sie hat gegen fruchtbare Schmerzen angekämpft, hat Brüche überlebt, bei denen andere aufgeben, hat wieder zu gehen bekommen, obwohl keine Arzt*innen es für möglich gehalten hätten; und schließlich hat sie die Stärke gehabt, ihre geliebte Familie und das Leben loszulassen und Ruhe zu finden.
Ich hoffe, dass sie die Ruhe gefunden hat, die sie braucht. In unseren Herzen wird sie immer weiterleben, ihre Stärke wird für immer in Erinnerung sein und ein Teil von mir. In diesem Sinn kann ich Abschied nehmen. In diesem Sinne: Ruhe in Frieden.
Grabrede von Gloria Höckner

Liebe Oma,

Auch wenn du das nicht hören kannst, will ich diese Worte an dich richten.
Du warst für mich ein sehr wichtiger Mensch und eine große Inspiration. Ich war immer beeindruckt davon, dass du eine so starke Frau warst, von deiner Lebensfreude, deinem Interesse an der Welt, deiner ganzen Person.
Du warst eine wunderbare Geschichtenerzählerin und Vorleserin. Ich habe in meinem ganzen Leben nur ein Gedicht gelernt (wenn man Humpty Dumpty nicht als Gedicht zählt), und das war der Erlkönig, den Du mir vorgelesen hast. Und als wir uns beide daran erinnert haben vor ein paar Jahren, hast du mir zu meinem Geburtstag ein anderes, sehr schönes Gedicht geschenkt. Das hat mir sehr viel bedeutet und ich weiß nicht ganz, ob du das je wusstest. Ein anderes sehr wichtiges Ereignis war, dass du meine Verbündete wurdest, als ich verzweifelt versuchte, meinen Monstertruck zu verstecken, von dem meine Schwester dachte, dass es ihrer sei. Du hast mir geglaubt und ihn und unser Geheimnis Jahre lang aufbewahrt. Ich weiß nicht, ob das Geheimnis je gelüftet wurde.
Ich fand es immer spannend, mich mit dir zu unterhalten und vermisse das sehr! Auch wenn es zunehmend schwieriger wurde, weil du mit so viel Krankheit und Schmerzen zu kämpfen hattest. Wenn du da warst, dann warst du sehr präsent und hattest eine Meinung und Interesse, konntest aber auch zuhören, manchmal sogar Dinge anders betrachten.
Ich bin sehr froh, dass du mir in deiner Zeit im Pflegeheim, die bestimmt auch nicht sehr einfach war für dich, noch so viel aus deinem Leben erzählt hast. Unglaublich, was du alles erlebt hast und wie viel du dir aufgebaut hast. Alleine den zweiten Weltkrieg mitzumachen und zu überstehen ist für mich unvorstellbar. Dass du deine Mutter aus dem Krankenhaus gerettet und selbst gepflegt hast; Dass du ihre Kinder, deiner Geschwister, mit selbst noch so jungen Jahren adoptiert und für sie gesorgt hast. Auch das ist unvorstellbar für mich und ich finde es sehr beeindruckend, dass du das getan hast.
Und dann hast du es geschafft, nach Wien zu kommen und dir hier, trotz all der Umstände nach dem Krieg, eine eigene Existenz aufzubauen, ein eigenes Textilgeschäft und sogar noch eine Ausbildung als Friseurin zu machen. Und du hast es geschafft, eine wunderbare Tochter großzuziehen! Auch das alleine verdient Hochachtung.
Ich bin sehr froh, dich gekannt zu haben und werde dich sehr vermissen.
zurück
Du bleibst uns unvergessen!
Von Regina und Wolfgang